FACTS and Figures

  • 182 Gemeinnützige Bauvereinigungen

  • 660.400 Miet- und Genossenschaftswohnungen

  • Rund EUR 3,7 Mrd. Neubauinvestitionen

  • EUR 1,1 Mrd. Sanierungsinvestitionen

 

Gemeinnützige Bauvereinigungen in Österreich

Gemeinnützige Bauvereinigungen (GBVs) sind private Unternehmen, die Wohnungen für breite Kreise der Bevölkerung zur Verfügung stellen. Sie tun dies nicht in gewinnmaximierender, sondern in gemeinwohlorientierter Weise. Ihre Geschäftstätigkeit ist durch das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) sowie ergänzende Verordnungen reguliert. Mit Stand 2022 gibt es in Österreich 182 GBVs: 97 Genossenschaften und 85 gemeinnützige Kapitalgesellschaften.

 

Heute wohnt fast jeder fünfte Haushalt in einer Wohnung einer „Gemeinnützigen“. Der Verwaltungsbestand der GBVs ist von etwa 45.000 Wohnungen nach Ende des 2. Weltkriegs auf heute rund 660.400 Miet- und 299.400 Eigentumswohnungen gestiegen. Im Neubau ist der Marktanteil der Gemeinnützigen noch höher: Jährlich werden mehr als 16.000 Wohnungen fertiggestellt, die meisten davon unterstützt durch Wohnbauförderungsmittel. Das macht im Schnitt (seit 2014) 29 Prozent der gesamten Wohnbauleistung Österreichs aus, bezogen auf den Geschoßwohnbau sogar deutlich über 40%.

 

Dank der Kombination des Geschäftsmodells „Wohnungsgemeinnützigkeit“ mit den Effekten der Wohnbauförderung liegt die Miete pro Quadratmeter bei GBVs im Schnitt um ca. 20-25 Prozent unter jener bei gewerblichen Vermietern. Da sie mit ihrem Wohnungsbestand stabilisierend auf den gesamten Wohnungsmarkt einwirken, nehmen die GBVs eine Schlüsselposition in der Wohnversorgung ein.

 

Das gemeinnützige Wohnungswesen in Österreich kann sich auf drei Wurzeln berufen: Die erste ist die Genossenschaftsbewegung, die ins 19. Jahrhundert zurückreicht. Prägend für den genossenschaftlichen Gedanken sind die gemeinschaftliche Selbstorganisation sowie die Leistungserbringung abseits von marktwirtschaftlichem Versorgungsdenken. Die 97 derzeit aktiven Wohnungsgenossenschaften stehen im Eigentum ihrer rund 500.000 Mitglieder.

 

Die zweite Wurzel ist der Werkswohnbau, der jahrzehntelang die Basis der Wohnversorgung in traditionellen Industrieregionen Österreichs darstellte. Mit dem wirtschaftlichen Strukturwechsel ist die Sparte stark zurückgegangen. Der Zugang zu den ehemaligen Werkswohnungen ist heute meist nicht mehr an ein Dienstverhältnis gebunden.

 

Der ausgelagerte öffentliche Wohnbau ist die dritte Wurzel: Gemeinnützige Gesellschaften, die im überwiegenden Eigentum von Gebietskörperschaften stehen, übernehmen in vielen Gemeinden die Aufgaben des sozialen Wohnbaus.

 

Eine Triebfeder des gemeinnützigen Wohnbaus war und ist die Wohnbauförderung – angefangen von den ersten Wohnungsfonds in der Monarchie bis zu den heutigen, komplexen Förderungsmodellen der Bundesländer. Diese spiegeln auch stets die jeweils aktuellen politischen Ziele wider: Wohnungsgrundversorgung, Eigentumsbildung oder Mietwohnungsförderung, Verbesserung der Wohnqualität, Barrierefreiheit und klimapolitische Ziele. Angesichts der starken Nachfrage im unteren Preissegment stehen aktuell sowohl die Bereitstellung kostengünstiger Wohnungen, als auch das Ziel der Dekarbonisierung des Gebäudesektors im Vordergrund.

 

Die Prinzipien der Wohnungsgemeinnützigkeit

Im WGG sind die Grundprinzipien der Wohnungsgemeinnützigkeit verankert, die in ihrer Kombination ein Alleinstellungsmerkmal der GBVs sind. Im Gegenzug zu diesen Verpflichtungen sind gemeinnützige Bauvereinigungen im Rahmen der Haupt- und Nebengeschäfte von der Körperschaftssteuer befreit. Die Grundprinzipien sind:

 

Kostendeckung: GBVs müssen mit ihren Kunden ein angemessenes Entgelt vereinbaren. Dieses darf „nicht höher, aber auch nicht niedriger angesetzt werden“, als sich aus dem Kosten der Herstellung bzw. der Bewirtschaftung der Wohnhäuser ergibt („Kostenmiete“). Auch Wohnungen, deren Finanzierungsdarlehen bereits getilgt sind, unterliegen dauerhaft einer Mietzinsbeschränkung, der so genannten Grundmiete.

 

Gewinnbeschränkung: Ertragskomponenten sind Bestandteil der kostendeckenden Preise. Sie sind bei den GBVs jedoch durch das WGG und verschiedene Verordnungen genau festgelegt und in ihrer Höhe begrenzt.

 

Vermögensbindung: Eigenkapital ist auf Dauer für gemeinnützige Zwecke gebunden. Dies wird durch eine Begrenzung der Gewinn-Ausschüttung an die Eigentümer und durch die Verpflichtung zur regelmäßigen Investition in den gemeinnützigen Wohnbau gewährleistet. Weiters dürfen Anteile an gemeinnützigen Bauvereinigungen lediglich zum Nennwert der seinerzeitigen Einlage veräußert werden (Nennwertprinzip).

 

Begrenzter Geschäftskreis: Eine gemeinnützige Bauvereinigung muss insbesondere folgende Hauptgeschäfte betreiben: Errichtung, Verwaltung und Sanierung von Wohnungen, Eigenheimen und Heimen im eigenen Namen. In untergeordnetem Maß sind Nebengeschäfte (z.B. Errichtung von Geschäftsräumen, Garagen und Gemeinschaftseinrichtungen) sowie – mit Zustimmung durch die Landesregierung – bestimmte Zusatzgeschäfte zulässig.

 

Personelle Einschränkungen: GBVs müssen von Angehörigen des Baugewerbes unabhängig sein, um Koppelungsgeschäfte zum Nachteil der Kunden zu verhindern. Dies gilt vor allem für die Funktionäre von gemeinnützigen Unternehmen. Auch die Bezüge von Funktionären und Angestellten sind gesetzlich reguliert.

 

Revisionspflicht: Alle gemeinnützigen Bauvereinigungen müssen einem Revisionsverband angehören und sich jährlich einer Prüfung durch unabhängige RevisorInnen unterziehen. Die Revision prüft nicht nur die Einhaltung der Bilanzierungsgrundsätze, sondern auch die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens, die Zweckmäßigkeit der Geschäftsführung sowie die Einhaltung der WGG-Bestimmungen.

 

Quelle: Österreichischer Verband Gemeinnütziger Bauvereinigungen - Revisionsverband (www.gbv.at)

 

Was macht eigentlich die Revision?

6 Fragen an Stephan Bauer und Andreas Vierlinger vom Revisionsverband zu einem der Grundpfeiler der gemeinnützigen Bauvereinigungen


1. Wo liegen die Ursprünge des Revisionswesens?
Das Revisionswesen ist stark mit dem Genossenschaftswesen verknüpft. Die Revision wurde mit dem Aufschwung der Genossenschaften Anfang des 20. Jahrhunderts installiert. Der österreichische Verband gemeinnütziger Wohnungsvereinigungen wurde 1947 gegründet.

 

2. Was genau prüft die Revision?
Unabhängige, vom Revisionsverband beauftragte Revisorinnen und Revisoren – im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) auch Prüferinnen und Prüfer genannt – prüfen bei allen Mitgliedsunternehmen aus der gemeinnützigen Wohnungswirtschafft die Jahresabschlüsse (Abschlussprüfung). Darüber hinaus prüfen sie die Geschäftstätigkeit auf deren Wirtschaftlichkeit und Rechtmäßigkeit (Gebarungsprüfung).

 

3. Was umfasst die Prüfung?
Die regelmäßige Prüfung ist in jedem Geschäftsjahr vor Feststellung des Jahresabschlusses durchzuführen. Der Jahresabschluss ist unter Einbeziehung der Buchführung und des Lageberichts zu prüfen und mit einem Bestätigungsvermerk zu versehen. Die wirtschaftliche und wohnrechtliche Prüfung umfasst die gesamte Geschäftstätigkeit der gemeinnützigen Bauvereinigungen auf Grundlage des WGG.

 

4. Welche Voraussetzungen muss man für den Job haben?
Die Tätigkeit setzt die Erlangung einer Berufsbefugnis als Revisorin oder Revisor gemäß Genossenschaftsrevisionsgesetz oder als Wirtschaftsprüferin oder Wirtschaftsprüfer gemäß Wirtschatstreuhandberufsgesetz voraus. Allgemeine Voraussetzungen für die öffentliche Bestellung sind unter anderem besondere Vertrauenswürdigkeit, geordnete wirtschaftliche Verhältnisse und Hochschulreife bzw. ein abgeschlossenes Hochschulstudium. Weiters müssen alle Revisorinnen und Revisoren die Fachprüfung ablegen und eine zumindest dreijährige einschlägige Praxiszeit vorweisen.

 

5. Wie hat die Digitalisierung die Prüfung verändert?
Der Einsatz von IT spielt zunehmend eine wichtige Rolle bei der Steigerung der Effizient, Genauigkeit und Wirksamkeit der Prüfung. So werden Datenanalysetools eingesetzt, um große Datenbestände schnell zu verarbeiten und wertvolle Erkenntnisse zu gewinnen. Dies ermöglicht es Prüferinnen und Prüfern, Muster, Anomalien und potenzielle Risiken in finanziellen Informationen zu identifizieren, was zu robusteren und fundierteren Prüfentscheidungen führt. Cloud-Computing erleichtert die Zusammenarbeit zwischen Teammitglieder und den geprüften Unternehmen unabhängig von geografischen Standorten. Routinemäßige Prüfverfahren wie Abstimmung und Compliance-Checks werden durch spezialisierte Software unterstützt.

 

6. Wer prüft eigentlich die Prüferinnen und Prüfer?
Revisionsverbände unterliegen der Aufsicht durch das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft und der Aufsicht durch die Abschlussprüfer-Aufsichtsbehörde (APAB) und müssen über einen eigenen Prüfungsbetrieb und eine Bescheinigung verfügen. Alle Prüferinnen und Prüfer müssen sich mindestens alle sechs Jahre einer Qualitätssicherungsprüfung unterziehen. Diese wird von einer bzw. einem, von der APAB anerkannten und bestellten Qualitätssicherungsprüferin bzw. -prüfer durchgeführt. Die APAB entschiedet per Beschied über die Erteilung der Bescheinigung.
 

Quelle: Österreichischer Verband Gemeinnütziger Bauvereinigungen - Revisionsverband (www.gbv.at)